Paracelsus (1493-1541), ein berühmter Alchemist und Arzt, spricht das erste Mal von „Spagyrik“. Für ihn ist es die Kunst, aus Naturstoffen das für den Menschen „Giftige“ von dem für den Menschen „Heilsame“ zu scheiden. Später bezog Alexander von Bernus den Begriff „Spagyrik“ auf den Rhythmus der Natur. Er beobachtete, dass sich natürliche Wandlung stets im Rhythmus von Trennung (trennen, griech. „spáein“, Spa-) und Verbindung (verbinden, griech. „ágeirein“, -gyrik) vollzieht. Das Leben verläuft „spa-gyrisch“ mit dem Ziel, sich zu der von der Schöpfung vorgegebenen Vollkommenheit zu entwickeln.
Die Alchemie ging von einer unsichtbaren Lebenskraft aus, die sich in jedem Lebensprozess durch die drei wirksamen Prinzipien Sal, Sulfur und Mercurius ausdrückt. Sal oder Salz steht dabei für das materielle, geformte Prinzip. Bei einer Heilpflanze entspricht Sal dem Mineralgerüst. Sulfur steht für das feinstoffliche, beseelte, also individuelle Prinzip. In der Pflanze wird es von den ätherischen Ölen, Aroma- und pflanzeneigenen Mineralstoffen repräsentiert. Mercurius steht für das belebende Prinzip, das zwischen Sal und Sulfur verbindet und vermittelt. In der Pflanze wird es durch die Trägersubstanz symbolisiert.
Eine spagyrische Arzneimittelherstellung verbindet beispielsweise zwei traditionelle Extraktionsverfahren – die Mazeration und die Destillation – zu einem der Natur nachempfundenen Herstellungskreislauf. Mit der Destillation erfolgt die Trennung (Spa-) und mit der Mazeration die Verbindung (-gyrik). Destillation und Mazeration ergeben einen spagyrischen Zyklus, mehrere aufeinander folgende Zyklen ergeben den spagyrischen Herstellungsrhythmus.